Als Jean und George sich im Jahr 1941 – der Zweite Weltkrieg war in vollem Gange – zum ersten Mal sahen, war George Spear gerade als Soldat in London stationiert. Der junge Kanadier wollte nur einen kurzen Abend der Ablenkung in einem Tanzlokal verbringen, als er Jean dort sitzen sah. Er erinnerte sich immer an das rote Kleid, das sie trug. „Das war es für mich. Ich habe sie nicht mehr aus den Augen gelassen“, erzählte er.
Auch Jean war sofort von ihm hingerissen. „Wir haben den ganzen Abend nur miteinander getanzt“, sagte sie.
George war erst 21 Jahre alt, Jean sogar erst 18. Die unsicheren Zeiten trugen sicherlich dazu bei, dass sich die Beziehung der beiden rasend schnell entwickelte – niemand konnte wissen, wie viel Zeit ihnen noch blieb, und jeder Moment des Glücks wollte genutzt werden. George war trotz seiner Jugend bereits Hauptfeldwebel und Jean eine Feuerwehrfrau, seitdem die Zeitung, bei der sie gehofft hatte, Journalistin zu werden, durch Bombenangriffe zerstört worden war.
Sie wussten, dass sie füreinander bestimmt waren, verschwendeten keine Zeit und heirateten bereits 1942. Die Hochzeit war eine auf die Schnelle improvisierte Angelegenheit – Jeans Kleid musste von der Tochter des örtlichen Metzgers geborgt werden, aber das kümmerte sie nicht. Alles, was zählte, war, dass sie zusammen sein konnten.
Und schon bald darauf trennten sich ihre Wege: George wurde zurück nach Kanada beordert. In größter Heimlichkeit arrangierte er von dort aus einen Handel mit dem Roten Kreuz, um Jean die Überfahrt zu ihm zu ermöglichen. Er schaffte es tatsächlich: 1944 erhielt sie eines Tages die Nachricht, dass sie eine Stunde Zeit habe, um das Nötigste zu packen, und noch am selben Nachmittag war sie an Bord eines Schiffes Richtung Kanada. Sie hatte nicht einmal Zeit, sich von ihrer Familie zu verabschieden. Als Jeans Schiff mitten während eines Schneesturms in Ottawa einlief, wartete George bereits am Hafen auf sie.
Und Jean dachte gar nicht daran, es sich in der neuen Heimat untätig gemütlich zu machen. Kaum war sie angekommen, organisierte sie auch schon Lebensmittelspenden kanadischer Familien an die unter der Nahrungsknappheit des Krieges leidende Londoner Bevölkerung.
1945 war endlich der Krieg vorbei und in das Leben von George und Jean kehrte mehr Ruhe ein. Das Paar arbeitete lange über das Kriegsende hinaus für und mit den Angehörigen und Hinterbliebenen von britischen Soldaten und halfen auch neben ihren Jobs als Zivilisten, wo sie nur konnten.
Sie lebten ein langes, glückliches gemeinsames Leben, genossen jeden Tag, den sie zusammen waren, und wurden miteinander alt. 2011 wurden sie in Anerkennung für ihre lebenslange ehrenamtliche Arbeit von Prinz William und seiner Ehefrau Catherine zu einer persönlichen Audienz nach London eingeladen. George zeigte dem königlichen Paar einen Schnappschuss, den er viele Jahre zuvor von Jean gemacht hatte – bei ihrem ersten Date. Er hatte das Foto während all der Zeit im Inneren seiner Mütze versteckt immer mit sich getragen.
Das Paar feierte am 22. August 2014 im Garten seinen 72. Hochzeitstag. George schnitt den Kuchen mit seinem alten Bajonett an und spielte „You Are My Sunshine“ auf der Mundharmonika vor.
Die beiden waren sichtlich genauso verliebt wie an ihrem ersten Tag.
Am 15. September 2017 schließlich war die Reise von Jean und George zu Ende. Sie schliefen friedlich ein und verstarben – beide am selben Tag.
Was für eine wunderbare, lebenslange Liebe. Diese beiden wussten, dass sie zusammengehören – sie haben einander gefunden und nie wieder losgelassen.