Die Frauen in diesen Bildern haben schon lange Zeit vor dem Trend ihren Körper mit Tattoos bedeckt. Damals waren tätowierte Frauen, auch „Tattooed Ladies“ genannt, eine absolute Seltenheit.
Tattoos sind heutzutage nichts Besonderes mehr. Doch im 19. und frühen 20. Jahrhundert war der Körperschmuck eine Sensation. Seeleute importierten Tätowierungen aus fremden Kulturen in die westliche Welt. Lange vor „Arschgeweih“ und „Tribals“ waren tätowierte Menschen ein Garant für Glubschaugen und fassungslose Blicke – erst Recht, wenn es sich dabei um Frauen handelte.
Eine dementsprechend große Attraktion waren die sogenannten „Tattooed Ladies“ (dt. „tätowierte Damen“): Frauen aus dem Arbeitermilieu, die ihre tätowierten Körper zur Schau stellten. Was für die Frauen eine Möglichkeit war, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, war für das prüde Viktorianische Zeitalter natürlich unerhört. Heute kaum vorstellbar, aber der Anblick der folgenden Frauen war damals ein regelrechter Skandal:
1. Die große Tattooed Lady: Maude Wagner
Maude Wagner, 1908. Die Zirkus-Artistin machte sich als eine der ersten professionellen Tätowiererinnen der USA einen Namen. Ihre Fotos ziehen bis heute den Betrachter in ihren Bann.
2. Attraktion
Die meisten Tattooed Ladies arbeiteten beim Zirkus.
3. Tattoo-Shows
Teil der Tattoo-Show waren oft sogenannte „Captivity Narratives“ (dt. „Gefangenschafts-Erzählungen“). Die Frauen gaben vor, sie seien von Indianern gefangengenommen worden und hätten ihre Tattoos in Gefangenschaft bekommen.
4. Geschichte wird lebendig
Auf diesem nachkolorierten Bild kommt die Kunstfertigkeit der Motive besonders gut zur Geltung. Auf dem Bild zu sehen ist die Tatoo-Ikone „Stella Grassman“ (1909-1977).
5. Tattoo-Trends damals
Florale, religiöse und nautische Motive waren besonders beliebt. Aber auch Darstellungen von Sinti und Roma – als Symbol für Wildheit und Sehnsucht.
6. Publikumsmagneten
Wegen ihres verruchten und exotischen Ansehens verdienten Tattooed Ladies wesentlich mehr als ihre männlichen Kollegen. Viele Künstlerinnen bestritten mit dem Geld, dass sie in den Shows verdienten, ihren Lebensunterhalt.
7. Früh übt sich …
Betty Broadbent, 1939. Schon als junges Mädchen begeisterte sie sich für Tattoos. Auf dem Foto sieht man die damals 23-jährige Künstlerin kurz vor einer Bühnenshow. Die Tattoos auf ihrem Körper zeigen Rosen, Piraten und die Königin Victoria. Ob der Queen, die für ihre Strenge und Sittsamkeit bekannt war, das gefiel?
8. Unwiderstehlich
Die selbstbewussten, exotischen Frauen zogen ein großes Publikum an.
9. Körper-Kunstwerk
Artoria Gibbons, 1920er Jahre. Auf der Brust der Tattoo-Künstlerin prangt George Washington, erster Präsident der USA.
10. Zirkus-Star
May Vandermark, 1920er Jahre. Auch May arbeitete beim Zirkus.
11. Eine Legende
Nora Hildebrandt, frühes 19. Jahrhundert – eine der ersten Tattooed Ladies.
12. Artoria Gibbons
Artoria Gibbons, 1920er Jahre. Die Künstlerin mit da Vincis „Abendmahl“ auf dem Rücken war eine der letzten erfolgreichen Tattooed Ladies.
13. Teurer Trend
Ein Ganzkörper-Tattoo kostete damals ungefähr 30 Dollar und brauchte knapp zwei Monate zur Vollendung.
14. Erfolgsrezept
Einzelne Tattoos kosteten weniger als einen Dollar – eine lohnende Investition, wenn man bedenkt, wie erfolgreich Tattoo-Shows mit Frauen waren.
15. Dime Museums
Neben Zirkus-Shows traten die Frauen auch in sogenannten „Dime Museums“ (dt. „Groschen-Museen“) auf: Einrichtungen mit leichtem Unterhaltungsangebot, das sich vor allem an die Arbeiterschicht richtete.
16. Die deutsche Tatooed Lady
Die Deutsche Emma Schuster trug den Künstlernamen „La bella Angora“ und galt vielen als die „Königin der Tätowierten“.
17. Mit Schirm und Charme
Eine Tattooed Lady mit Regenschirm, ca. 1900er Jahre.
18. Schöner Schwan
Der Schwan auf der Brust dieser Künstlerin ist ein besonderer Blickfang.
19. Das Ende der Tattooed Ladies
Die Ära der Tattooed Ladies endete in den 1950er Jahren, als Zirkus-Shows und Dime Museums aus der Mode kamen.
Damals Skandal, heute normal: Heutzutage sind über die Hälfte aller Tattoo-Träger weiblich. Der Anblick der tätowierten Damen auf den Fotos lässt also keine Hutschnur mehr platzen und kein Monokel aus dem Auge hüpfen. Ihren faszinierenden Zauber haben die Tattooed Ladies aber auch nach dieser langen Zeit nicht verloren.